Das so genannte „Judenlager“
Eingebettet in den Äußeren Grüngürtel ist unsere Kleingartenanlage schön gelegen. Doch blickt man auf die Geschichte dieses Ortes, so trügt die Idylle. Unsere Blumen wachsen auf schwerem Boden.
„Ein zweites Barackenlager befand sich nebenan, auf dem Gelände des Kleingartenvereins „Waldfriede e.V.“. Der Hauptweg zwischen den Gärten ist die frühere Lagerstraße, die Gärten rechts und links wurden in den 50er Jahren in den Fundamentresten der Baracken angelegt. Auch dieses Gelände wurde von den Nazis als „Judenlager“ genutzt. Nach den Bombardierungen von Deutz im Oktober 1944 wurden die Häftlinge aus dem KZ-Außenlager in der Kölner Messe und dem Arbeitserziehungslager im Bereich des heutigen Tanzbrunnen hierher verlegt“, steht nachzulesen in dem 1994 von Victor Böll herausgegebenen Buch „Heinrich Böll und Köln“.
Seit 1941 wurden in den Baracken Juden und andere vom Nationalsozialismus Verfolgte, beispielsweise Kommunisten, Zwangsarbeiter oder Homosexuelle bis zum Abtransport in die Vernichtungslager ghettoisiert. Der Abtransport fand über die nächstgelegene Bahnstrecke Köln-Aachen statt. Wie die Müngersdorfer heute noch berichten, kam es nicht selten vor, dass Internierte des Lagers den Freitod auf den Gleisen dem vorzogen. Ursprünglich waren 36 Baracken geplant, zwölf wurden fertig gestellt. Die Erinnerung des damals vierjährigen Albert Leineweber: „Vor dem Tor standen links und rechts Männer in Uniform; ob bewaffnet oder nicht, weiß ich nicht mehr. Aber deutlich vor Augen habe ich noch die ein- und ausgehenden Menschen.“ Auf die Frage des Kindes nach der Bedeutung des Judensterns, den sie trugen, soll der Vater geantwortet haben: „Das sind Menschen, die hier nicht so gerne gesehen werden. Die kommen nach Frankreich.“ (Quelle der Zitate: „Blickpunk Müngersdorf“ 24). Doch von Müngersdorf aus ging es nicht Richtung Westen, sondern zunächst in die Messehallen nach Deutz und von dort weiter in die Vernichtungslager. Die Deportationen fanden nachweislich bis weit ins Jahr 1944 hinein statt. Zuletzt lebten dort Häftlinge und Zwangsarbeiter. Am 1. März 1945 wurde es endgültig geräumt. Nur fünf Tage später marschierten die Amerikaner ein.
Der Grundriss der heutigen Gartenanlage, die Position des Tores, die Anlage der Wege ist heute noch identisch, mit der des damaligen Lagers. Der Platz vor dem heutigen Vereinsheim war damals Sammel- und Exerzierplatz. Alles in allem ein Vermächtnis, das uns Mahnung und Verpflichtung ist, nicht die Augen zu verschließen, wo Angst und Feindseligkeit Ausgrenzung produzieren; stattdessen vielmehr Stellung zu beziehen für Hilfsbereitschaft, Toleranz und Menschenfreundlichkeit.